Manfred Stephan (Hrsg.)

Sintflut und Geologie

Schritte zu einer biblisch-urgeschichtlichen Geologie


Ergänzende Bausteine aus Sintflut und Geologie (3. Aufl.)

Katastrophische Schneeball-Erde (Präkambrium)

Die Hypothese der „Schneeball-Vereisung“ umfasst in Grundzügen das folgende Szenario: Nach dem Zerfall des spätpräkambrischen Superkontinents Rodinia verteilten sich die Einzelkontinente sehr rasch in Äquatornähe; trockene Binnenlandregionen wurden so zu feuchten Küstenarealen. Infolge der verstärkten tropischen Niederschläge wurde Wärme speicherndes Kohlendioxid aus der Atmosphäre ausgewaschen; das führte zu schneller Verwitterung des Gesteins und einer weltweiten Abkühlung. Das sich in Polnähe bildende Meereis führte durch Reflektion der Sonnenstrahlung zu weiterem Absinken der Temperaturen. Diese sich zunehmend verstärkende Rückkoppelung bewirkt das komplette Zufrieren der gesamten Erde in nur 1000 Jahren („Schneeball-Erde“).

Für die Dauer der „Schneeball“-Vereisung werden mehrere Millionen Jahre angenommen; in dieser Zeit soll die Ausgasung von Vulkanen zu einer enormen Kohlendioxidanreicherung in der Atmosphäre geführt haben. Daraus resultierte eine immer stärkere Erwärmung auf über 40° C, zumal infolge des schmelzenden Meereises die Sonnenstrahlung nicht mehr reflektiert wurde. Das führte innerhalb von wenigen Jahrhunderten zu einem extremen Treibhausklima, verstärkend wirkte die zunehmende Verdunstung von Meerwasser. Das Kohlendioxid wurde dann durch wolkenbruchartige Regenfälle (gewaltige Hurrikane) aus der Atmosphäre ausgewaschen; die daraus entstandene Kohlensäure führte zu einer äußerst raschen Verwitterung des Gletscherschutts. Das Gemisch aus saurem Regen und z.T. kalkigem Gesteinsstaub wurde nun ins Meer gespült; im dortigen sauren Milieu führte die massive Ausfällung des Karbonats zu einer sehr raschen Ablagerung von zum Teil Hunderte Meter mächtigen Kalkabfolgen. Bedeutsam ist, dass manche Forscher durch Geländebefunde zur Annahme (sehr) rascher und katastrophischer Abläufe geführt worden sind. Weiter ist der teils kritische Umgang zumindest mit einem eng geführten Aktualitätsprinzip im Rahmen wissenschaftstheoretischer Überlegungen bemerkenswert.1

Unabhängig davon, dass diese junge Hypothese im Weitergang der Forschung noch viele Modifikationen erfahren dürfte (falls sie sich in dieser Form überhaupt als haltbar erweist), bleiben die rasch ablaufenden Prozesse sehr bedeutungsvoll. Sie werden zum Teil aus der Struktur der Sedimente erschlossen, beispielsweise aus mächtigen Kalkabfolgen, deren Bänke aus bis zu mannshohen fächerförmigen Aragonit-Kristallen bestehen (Abb. 1 und 2).

Abb. 1: Als eindrucksvoller Hinweis auf die schnelle Ablagerung nach der „Schneeball“-Zeit werden die zum Teil metermächtigen Karbonat-Abfolgen angeführt (Person am unteren Bildrand als Maßstab). Sie sind hier aus fächerförmigen Aragonitkristallen aufgebaut (deutlicher in Abb. 4 zu erkennen). Das wird so interpretiert: Aus dem mit Calciumkarbonat stark gesättigten Meerwasser kristallisierten die Aragonitfächer sehr rasch aus. Maieberg Formation, Huab River, Namibia (© Paul Hoffman; mit freundlicher Genehmigung).

Abb. 2: Detailaufnahme von kleineren Aragonit-Fächern; sie zeigen einen geschichteten Aufbau (rechts Münze als Maßstab). Hayhook Formation, Mackenzie Mountains, NWT, Kanada (© Paul Hoffman; mit freundlicher Genehmigung).


1 Vgl. Stephan, Schneeball-Erde (2004).

Nähere Informationen zu den Quellenangaben in Teil 1 und Teil 2 des Literaturverzeichnisses


Ausdruck der Seite: http://www.sintflut-und-geologie.info/s.php?ug=bausteine/schneeball
Ausdruck: 16.04.2024 - 20:27
Copyright © Studiengemeinschaft Wort und Wissen e.V. (www.wort-und-wissen.de) 1995 - 2024

Bestellung unter: http://www.wort-und-wissen.de/buecher/geo/sintflut.html