Exkurs 5 zu Sintflut und Geologie (3. Aufl.)

Der Untergang von Sodom – Analogie zur Sintflut?

Ähnlichkeiten des Untergangs von Sodom und Gomorra mit der Sintflut bzw. dem Tohuwabohu am Schöpfungsbeginn notiert z. B. Jacob. Beispielsweise seien genannt: „regnen lassen“ – allerdings nicht Wasser, sondern Schwefel und Feuer (vgl. Gen 7,4). – Die Städte „umkehren“ samt dem „Gewächs des Erdbodens.“ Der „ganze Umkreis“ wurde umgewendet; er wurde „in den früheren, umgekehrten Zustand“ versetzt, „nämlich den des Tohuwabohu“ (vgl. Gen 1,2). „Die Städte werden zur uranfänglichen Wüstenei, da nichts sprosste und kein Mensch die adama [den Erdboden] bebaute. Sonst kommt der Ausdruck nicht vor“1 (vgl. Gen 1,2; 2,5). – Allerdings: Das Gericht über Sodom und Gomorra ist (bei allen Ähnlichkeiten) kein urgeschichtliches Ereignis.2 Denn einmal ist es regional begrenzt; vor allem aber ereignete es sich in der Zeit nach der Urgeschichte, in der uns archäologisch bekannten Welt des Alten Orients zur Zeit Abrahams.3 Zudem scheinen die sprachlichen Verbindungen nicht besonders eng zu sein; es sind eher Anklänge.

Blanckenhorn als Geologe neigt dazu, das „sagenhafte Ereignis“ des Untergangs der Städte auf tektonische Absenkung einer Scholle entlang einer Störung (Verwerfung) am Südende des Toten Meeres als Nachwirkung des Jordangraben-Einbruchs zurückführen.4 Auch v. Rad denkt an ein tektonisches Beben, wodurch brennbaren Gasen, Asphalt und Petroleum der Weg nach oben freigegeben wurde. Entzündeten sie sich, „konnte die ganze Luft über der geöffneten Spalte leicht plötzlich in Flammen stehen.“5 Kline fasst zusammen und nimmt aus seiner Sicht auch Stellung zur Frage „natürliche“ Katastrophe – Gerichtswunderhandeln Gottes: „Im Küstengebiet des Toten Meeres finden sich Vorkommen von Schwefel und Asphalt (vgl. die ‚Erdharzgruben’ in 14,10). Vermutungen gehen dahin, dass die Entzündung von Naturgasen durch Blitzeinschlag, möglicherweise in Verbindung mit einem Erdbeben in dieser Senke, die Feuersbrunst mit dem nachfolgenden Schwefelregen und der Rauchwolke aus Asphalt ausgelöst haben könnte (V.28). Trotzdem handelt es sich in jedem Fall um eine übernatürliche Zerstörung; denn Zeitpunkt und Ausmaß der Verwüstung entsprechen genau dem angekündigten Gerichtsurteil Gottes und der damit verbundenen bes[onderen] Absicht“.6


1 Jacob, Genesis (1934), 461.
2 So aber zahlreiche Exegeten; z. B. Witte, Urgeschichte (1998), 51.
3 Über die altorientalische Umwelt der Väter Israels, Abraham, Isaak und Jakob sowie Joseph in Ägypten (Gen 12-50) ist archäologisch viel bekannt; Kitchen, Testament (2008), 403-482 diskutiert aus dieser Zeit u. a. Reisetätigkeit, Eheschließungen, politische Hintergründe, Verträge und Bündnisse, Erbbestimmungen, Religion, Waidwerk, Viehzucht, Personennamen, Sklavenpreise. Sein Resultat ist, dass die biblischen Erzähltexte „ein Bild des realen menschlichen Lebens westsemitischer Nomaden“ bieten, „wie es aus dem frühen 2. Jtd [Jahrtausend] bekannt ist“ (S. 475), also aus Zeit und Umwelt der Väter Israels. Dem steht die Welt der biblischen Urgeschichte (Gen 1-11) gegenüber, aus der viel weniger bekannt ist; nach Kitchen berichtet die Urgeschichte „von einer ganz anderen Welt“ (S. 552). Er behandelt zur Urgeschichte u. a. mesopotamische Flutüberlieferungen, Sprachentrennung, Eden und Paradiesströme (vgl. Gen 2), Namen, Völker und Stämme der Völkertafel (Gen 10), Genealogien (u. a. Gen 5 und 11), außerbiblische Königslisten und hohe Alterszahlen (S. 552-587). Also weithin andere Themen als bei den Vätern Israels, und die Resultate sind viel weniger eindeutig und aussagekräftig (vgl. S. 587; Zusammenfassung).
4 Blanckenhorn, Syrien (1914), 60.84. Zu Anlage und Deutung dieser tektonischen Störungen im Rahmen der modernen Plattentektonik vgl. z. B. Walter, Erdgeschichte (2003), 249.270; Frisch & Meschede, Plattentektonik (2007), 134f.
5 v. Rad, Genesis (1987) 174; er zitiert Blanckenhorn; vgl. Kitchen, Testament (2008), 475f.
6 Kline, Genesis (1992), 114.

Nähere Informationen zu den Quellenangaben in Teil 1 und Teil 2 des Literaturverzeichnisses